Um Yin Yoga zu verstehen, ist es wichtig, die Bedeutung von Yin und Yang zu kennen. Yin und Yang sind zwei Begriffe der chinesischen Philosophie, die vor allem im Taoismus eine große Rolle spielen. Das Symbol dafür, ein Kreis mit zwei gleich großen Hälften – eine schwarz, eine weiß – ist weit bekannt. Der weiße Teil steht für Yang, der schwarze für Yin – zusammen bilden diese eine Einheit. Jede der Flächen umschließt einen kleinen Teil der anderen Hälfte. Sie sind also ineinander enthalten, was so viel bedeutet, wie: ohne Yin kein Yang und ohne Yang kein Yin. Diese Verbindung der Gegensätze zeigt sich auch im echten Leben. Ohne Ebbe gibt es keine Flut, ohne Licht gibt es keine Schatten, ohne Trauer keine Freude.
Yin steht für:
Passiv und empfänglich, vertrauen, Kontrolle abgeben und loslassen, intuitiv sein, fühlen und spüren.
Yang steht für:
Aktiv, agieren und etwas tun, Kontrolle behalten, analytisch denken, erklären, Ziele setzen.
Neben dem Prinzip der Polarität von Yin und Yang, gibt es in der Yin Yogatradition eine weitere wichtige Grundlage: Die Lebensenergie, die in uns fließt. Diese Kraft, die auch Prana, Chi oder Qi genannt wird, ist wie ein Klebstoff, der unsere Welt zusammenhält – im Innen wie im Außen. Unser Körper ist von einem Netz energetischer Leitbahnen (Meridiane) durchzogen, in denen die Lebensenergie fließt. Das Meridiansystem scheint mit den tiefsten Schichten des Bindegewebes stark verbunden zu sein. So wird der Fluss der Lebensenergie durch das lange Halten der Stellungen positiv beeinflusst. Es gibt die Möglichkeit, mit Yin Yoga gezielt auf ein bestimmtes Meridiansystem einzuwirken und so Organe, Emotionen und die fünf Elemente, die im Körper wirken, zu stimulieren.
Yin Yoga ist ein beruhigender, regenerativer Yogastil, mit dem du durch Achtsamkeit dein Bewusstsein schulst und deine Bedürfnisse deutlicher wahrnimmst. Damit kommst du in’s Hier und Jetzt! Yin Yoga ist als Kontrast zu den muskelbeanspruchenden Yang-Yoga-Stilen zu verstehen und erfährt derzeit im Zusammenhang mit Faszientraining große Aufmerksamkeit. Während die meisten bewegten Yogastile auf die Beanspruchung der Muskulatur abzielen, werden in diesem Yoga-Stil vor allem die Gelenke, das Bindegewebe und die Bänder angesprochen. Es steht nicht in Konkurrenz zu den dynamischen, yang-lastigen Yogastilen, sondern eher als Ergänzung und kann von daher sehr gut mit selbigen kombiniert werden.
Aktueller Stundenplan
Typisch für eine Yin Yoga Stunde sind ein ruhiges Ambiente und evtl. ruhige Musik. Hier geht es viel um Geduld, Wahrnehmen von Körperempfindungen und den Atem bewusst zu spüren.
In der Regel werden die Asanas zwischen drei und sieben Minuten gehalten – bei robusten Gelenken (wie z.B. beim Hüftgelenk) ist sogar ein längeres Halten möglich. Die meisten Positionen werden im Sitzen oder Liegen ausgeführt. So fällt es leichter, die Aufmerksamkeit nach innen zu richten und auf den eigenen Körper zu hören. Es kann besser an den tiefen Schichten gearbeitet werden.
Häufig werden verschiedene Hilfsmittel wie Kissen, Blöcke, Decken und Gurte verwendet, welche in der Regel vom Studio gestellt werden. Die Hilfsmittel unterstützen dabei, sich mehr entspannen und tiefer in die Dehnung sinken zu können. Allerdings werden Hilfsmittel nicht unbedingt gebraucht.
Bezüglich deiner Yogakleidung ist ein entspannter Zwiebel-Look eine gute Wahl. Die Kleidung sollte nicht einschneiden, sondern bequem sein.
Das Dehnen der tiefer liegenden Faszien ist eine wunderbare Vorsorge. Denn häufig werden wir im Alter zunehmend unbeweglicher. Durch Yin Yoga können wir diesem Prozess vorbeugen. In unserem Körper erhöht sich die Flexibilität und es können Anspannungen gelindert und womöglich gelöst werden. Da bei Yin Yoga-Haltungen verschiedene Meridiane angesprochen und Blockaden gelöst werden, wirkt es wie eine Akupunktursitzung – nur ohne Nadeln. Auch beruhigt es das vegetative Nervensystem und kann somit Stress reduzieren und Schmerzen lindern.
Das Immunsystem wird unterstützt und der Körper entgiftet. Wenn du deinem Körper Zeit gibst, sich langsam zu öffnen, bist du gleichzeitig wachsam für den eigenen Zustand und die Signale des Körpers. Innere Ruhe wird gefördert und die Kreativität sowie Konzentration erhöht. Zusätzlich erreichst du damit mehr Achtsamkeit und geistige Klarheit. Yin Yoga hilft alte Denkmuster loszulassen und ein gesundes Vertrauen ins Leben zu entwickeln. Während der Körper langsam nachgibt und alle nicht benötigten Muskeln losgelassen werden können, hat man Zeit in einen ruhigen, tiefenentspannten Zustand zu gleiten. Der gesamte Energie-Fluss wird einerseits harmonisiert und andererseits gefördert, was eine belebende Wirkung auf dich und deinen Körper hat.
Ein weiterer Effekt ist, dass beim Dehnen des Gewebes Glückshormone freigesetzt werden, die die Stimmung heben, welche für Entspannung und ein Wohlgefühl verantwortlich sind. Je mehr und je länger man dehnt, desto mehr Glückshormone entstehen.
Eine gute Zeit für Yin Yoga ist immer dann, wenn du viel arbeitest, häufig aktiv bist, dich gestresst fühlst oder einfach gern zur Ruhe kommen und dich mit dir verbinden willst.
Von der Tageszeit her ist gleich nach dem Aufstehen oder vor dem zu Bett gehen ein guter Zeitpunkt. Am Morgen ist der physiologische Nutzen am größten. Am Abend, wenn unsere Muskeln bereits gedehnt sind, wirken die Übungen psychisch ausgleichend. Über Mittag ist Yin Yoga eine ideale Möglichkeit wieder zu sich zu kommen und seine Kräfte zu sammeln.